Vast | Virtual Airspace and Tower

© Fraunhofer Austria

Die Technologien zur Bereitstellung der Daten, auf Grund derer Fluglotsen und Fluglotsinnen heutzutage ihre Entscheidungen treffen, haben sich seit dem ersten erfolgreichen Einsatz von Radargeräten kaum verändert. Und das, während in anderen Bereichen der technologische Wandel fast rasend schnell voranschreitet. Forscherinnen und Forscher von Fraunhofer Austria haben nun untersucht, ob es nötig ist, hier eine Veränderung herbeizuführen.

Moderne Computerspiele sollen dem Spieler das Gefühl vermitteln, sich mitten in einer gewissen Situation zu befinden. Möglichst reale Umgebungen zu schaffen, in welchen sich der Spieler nach allen Himmelsrichtungen drehen und die Spielumgebung fast schon real erleben kann, sind heute State of the Art. Aktuelle Technologien in der Computergrafik lassen dem Nutzer eine virtuelle Welt nahezu real erscheinen, visualisieren nicht sichtbare Sachverhalte oder lassen uns einen Blick in die Zukunft werfen, indem sie beispielsweise Gebäude vor Baubeginn „betretbar“ machen.

So klar und übersichtlich scheint es in einem Computerspiel mit entsprechender Computergrafik, ein Flugzeug oder auch einen Hubschrauber zu fliegen und Zusammenstöße mit anderen Flugobjekten zu meiden. In der Realität setzt man im Arbeitsumfeld eines Fluglotsen jedoch immer noch auf Radartechnik, die ein 2D Abbild des Luftraums darstellt. Ein Lotse fällt Entscheidungen auf Grund von bewegten Dreiecken und Zahlen. Eine mehrjährige Ausbildung und intensives Training ermöglichen ihm das. Um wirklich einen Überblick über die Situation in der Luft zu bekommen, konstruieren die Lotsen ein dreidimensionales Bild in ihren Köpfen.

2D versus 3D

Das Forschungsprojekt Virtual Airspace and Tower - kurz VAST - kombiniert moderne Computertechnologien mit der Arbeitsumgebung eines Flugloten im Bereich der Darstellung von realen Flugverkehrsdaten. Im Fokus steht die Frage nach den Auswirkungen des Einsatzes moderner 3D Grafik auf die Entscheidungsqualität von Fluglotsen und die Implementierung eines Remote Tower Systems. Letzteres ermöglicht Fluglotsen ein Eingreifen selbst über eine große räumliche Distanz zum Flughafen. Dies ist besonders für Flughäfen mit geringen Start- und Landungszahlen von Bedeutung, da hier oft kein Dauerbetrieb rentabel ist. VAST soll durch den Einsatz moderner Computertechnologien eine Arbeits- und Entscheidungserleichterung für den Arbeitsalltag von Fluglotsen und Fluglotsinnen bringen. Schwerpunkte im Projekt waren eine verbesserte Situationsübersicht gegenüber den herkömmlichen Systemen, eine frühere Konflikterkennung sowie eine beschleunigte Entscheidungsfindung. Dabei spielte vor allem die Nutzerakzeptanz eine entscheidende Rolle.

Das Testszenario stellte reale Situationen aus dem Alltag des Flughafen Frankfurt dar und wurde mit Fluglotsen und Fluglotsinnen aus Graz, Wien und München durchgespielt. Die Entscheidung, eine Situation eines für die Personen neuen Flughafens nachzubauen, sollte dazu führen, dass die Fluglotsen und Fluglotinnen auch in unbekannten Situationen Entscheidungen treffen mussten. Das Szenario wurde in mehreren Stufen erstellt, drei verschiedene Situationen wurden als Simulation durchgespielt. Im Ersten Schritt konnten sich die Testpersonen die Lage in einer 2D Situation anzeigen lassen. Weiters wurde die Ansicht gekippt und in 3D dargestellt. Dadurch wurden Flughöhen und Verläufe sichtbar gemacht. Kernfrage der Forschung war immer, wie die Usability der verwendeten Technologie auf die betreffende Zielgruppe wirkt. Aus diesem Grund waren die Testpersonen in jeden Schritt der Entwicklung eingebunden und konnten Feedback, Wünsche aber auch Kritik einbringen.

Ready for landing

Die Auswertung der Forschungsergebnisse brachte eine gute Nachricht: die Fluglotsinnen und Fluglotsen sorgen mit der bestehenden Technik bereits jetzt für die maximale Sicherheit der Passagiere. Die 3D Ansicht brachte dem Fluglotsen keine deutliche Verbesserung in der Performance. Auf Grund ihrer langjährigen Schulung und Erfahrung erkannten die Fluglotsen und Fluglotsinnen die Situation schon in einem sehr frühen Stadium des Szenarios und leiteten entsprechende Maßnahmen ein. So konnten die im Vorfeld festgelegten Szenarien meist keinen kritischen Punkt erreichen. Eine wirkliche Stresssituation für den Lotsen oder die Lotsin kam daher nicht zustande. Ein Umstieg auf 3D Technologie erwies sich daher nicht als nötig – Vorteile hat er in manchen Anwendungsfeldern aber dennoch. Zum Beispiel eignet er sich hervorragend für Live-Betrieb, denn die Testpersonen fanden sich auch ohne lange Erklärungen sofort zurecht und konnten ihre Arbeit aufnehmen.

In einem weiterführenden Projekt ist geplant, die gewonnen Erkenntnisse und die Testszenarien mit Fluglotsenanwärtern durchzuführen, um zu testen, wie die Testpersonen vor der Ausbildung mit den unterschiedlichen Systemen umgehen können. 

Eckdaten

Projektname: Vast | Virtual Airspace and Tower
Projektnummer: 855215
förderprogramm: FFG TAKE OFF, TAKEOFF 12. Ausschreibung 2015
konsortium: Fraunhofer Austria Research GmbH
FH St. Pölten
Frequentis AG
forschungsziel: Neue Technologien zur verbesserten Situationsübersicht für die Flugverkehrskontrolle