AMAzE | Schnellere Bauprojekte durch automatisierte Prüfung

© Fraunhofer Austria

Befindet sich ein großes Bauprojekt in der Planungsphase, arbeiten nicht etwa, wie man landläufig meinen würde, alle Beteiligten mit demselben Plan. Vielmehr sind zahllose Repräsentationen des Objekts zugleich im Umlauf – meist jede in einem anderen Dateiformat – und jede von ihnen liefert Details für einen anderen Anwendungsfall.

Ist bei den statischen Berechnungen beispielsweise der Härtegrad des Betons eine wesentliche Information, so fehlt dieser im Plan des Wasserversorgers, der dafür wiederum andere Details beinhaltet. Eine Darstellung für die Verkehrsplanung berücksichtigt wieder Anderes als eine, die die Besitzsituation der Grundstücksteile abbildet oder als der Plan für die Berechnung des Energiepasses. Im Genehmigungsprozess spielen aber all diese Darstellungen eine wichtige Rolle, und die Flut an Plänen führt zu einem hohen Aufwand und entsprechend langen Bearbeitungszeiten.

Forscherinnen und Forscher im von der FFG geförderten Projekt „AMAzE – Automatische Einreichung“ haben sich zum Ziel gesetzt, technische Hemmnisse bei der digitalen Baueinreichung zu beseitigen und eine automatisierte Vorprüfung und eine beschleunigte Abwicklung zu ermöglichen. Es soll die technologische Grundlage geschaffen werden die nötig ist, um Bauwerberinnen und Bauwerbern künftig einen digitalen Verfahrensweg anzubieten. Im ersten Schritt wurden dafür nun Prüfroutinen automatisiert. An einem Beispiel haben die Projektpartner nun die Funktionalität demonstriert – vorerst allerdings nur an Testdaten, die realen Daten nachempfunden sind.

Bereits seit 1985 gibt es viele Versuche der Standardisierung. Mit der ÖNORM A 6241-2 wurde 2015 schließlich die normative Grundlage für den Austausch modellbasierender Daten im Hoch- und Tiefbau geschaffen. Diese Technologie – international einheitlich Building Information Modeling (kurz BIM) genannt – ist ein wesentlicher Baustein für die Digitalisierung der Bauwirtschaft und hat Auswirkung auf alle Beteiligten bei der Initiierung, Planung, Errichtung und des Betriebs von Bauwerken. „Jetzt, wo die Standardisierung gegeben ist, können wir die technologischen Grundlagen schaffen, die für eine beschleunigte Abwicklung nötig sind“, erklärt Torsten Ullrich, der bei Fraunhofer Austria die Projektleitung innehat.

Euklidische und nicht euklidische Geometrie

Die Herausforderungen sind dabei allerdings nicht nur juristischer oder technischer Natur, sondern haben einen kulturellen Ursprung: Die jeweiligen am Bau beteiligten Branchen gibt es schon sehr lange, sodass sich traditionelle Vorgänge gut etabliert haben und sich die verwendeten Softwareprodukte drastisch unterscheiden. „Exportiert man ein Gebäude aus einer Software und importiert man das Resultat in eine andere, dann passiert es häufig, dass schwere Fehler auftreten. Diese können offensichtlich sein, wie ein völlig zerstückeltes Gebäude – was noch der bessere Fall wäre – oder sie können gut versteckt sein, was eine Katastrophe wäre, da der Fehler dann unbemerkt bleiben könnte“, schildert Torsten Ullrich eines der schwerwiegendsten Risiken des Status Quo.

Eine weitere interessante Herausforderung, die sich bei Großprojekten wie beispielsweise dem Bau eines Flughafens bietet, ist die Kombination unterschiedlicher Bezugssysteme. Während man bei kleinen Gebäuden und bei allen Fragestellungen, die sich einem kleinräumigen Problem widmen, davon ausgehen kann, dass rechte Winkel auch tatsächlich rechte Winkel sind – man spricht hier von euklidischer Geometrie – beginnt bei besonders großen Gebäuden die Krümmung der Erde eine Rolle zu spielen. „Will man bei einer vier Kilometer langen Landebahn mit einem Laserpointer auf das andere Ende zeigen, so muss man diesen schon mehr als einen Meter anheben, damit der Laserstrahl die Krümmung überwinden kann und das Ziel überhaupt erreicht“, erklärt Jan M. Loës, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabeilung der Flughafentocher VIE build GMBH, das Ausmaß des Effekts. Dieser wird selbstverständlich von den Planern berücksichtigt – nicht aber in den Plänen von einzelnen kleinen Gebäuden. Die Tatsache, dass diese mit einem kartesischen Bezugssystem geplant werden, macht ein Zusammenführen der Instanzen / Objekte schwierig.

Prüfroutinen automatisieren

Das langfristige Idealbild wäre, dass der Austausch zwischen all den Systemen einwandfrei funktioniert. Das kann allerdings noch Jahre dauern. Im ersten Schritt haben die Projektpartner nun dafür gesorgt, dass einzelne Tätigkeiten in den standardisierten Plänen automatisiert werden. Eine besonders zeitaufwändige, aber sehr wichtige Tätigkeit im Rahmen der Baugenehmigung ist derzeit die Überprüfung einiger festgelegter Kriterien – diese konnte von den Forscherinnen und Forschern nun automatisiert werden.

Der von Ihnen entwickelte Demonstrator ist unter anderem in der Lage zu prüfen, ob der vorgeschriebene Abstand zum Nachbargrundstück sowie die maximale Bauhöhe eingehalten werden, ob das Grundstück zu maximal einem Drittel der Fläche bebaut ist, ob alle Abstellflächen über Zugänge mit einer Mindestbreite verfügen, ob der Quotient der Fensterfläche in Quadratmetern zu Raumfläche einem Minimum genügt und vieles mehr. Die Zeitersparnis bei einer routinemäßigen Verwendung dieses Algorithmus wäre bereits enorm.

Noch wurde das Tool zwar mit Beispieldaten getestet, der Schritt zur Anwendung auf realen Daten ist damit aber in greifbare Nähe gerückt. „Wir haben den Funktionsnachweis erbracht“, fasst Torsten Ullrich das Projektergebnis zusammen.

Eckdaten

Projektname: AMAzE - Automatische Einreichung
Projektdauer: 5 Monate
programm:

FFG, STADT DER ZUKUNFT, 5. Ausschreibung 2017

konsortium:

Fraunhofer Austria (Konsortialführer)

A-NULL Development GmbH

Flughafen Wien Aktiengesellschaft