Ontis | Zusammenhänge erkennen durch Ontologien

© Fraunhofer Austria
Die KI analysierte tausende Bilder von Augenlinsen.
© RHI Magnesita
Die ideale Anordnung der Steine zu finden erfordert einiges an Wissen.

Fraunhofer Austria hat im Forschungsprojekt ONTIS zusammen mit der Universität Klagenfurt eine Methode getestet, um Auswertungen zur vereinfachen.

Ontologien sind vergleichbar mit Mind Maps. Sie zeigen Zusammenhänge und Zugehörigkeiten, ganz gleich, um welche Thematik es geht. Sind sie einmal erstellt, können sie in der automatisierten Auswertung von Informationen in komplexen Fachgebieten eine große Hilfestellung sein. Wie sich die Nutzung von Ontologien mit dem Training einer Künstlichen Intelligenz (KI) kombinieren lässt und wie verschiedene, voneinander unabhängige Systeme wie zum Beispiel ein User Interface, eine KI und eine Ontologie zusammenspielen können, haben Forschende unter der Leitung von Fraunhofer Austria nun im Projekt „Ontology-based interoperability of systems“, kurz: ONTIS, demonstriert.

In unserer digitalisierten Zeit sind bei Geschäftsprozessen viele verschiedene Informations- und Wissenssysteme, wie zum Beispiel Suchmaschinen, Datenbanken, Wikis oder Dateifreigabesysteme im Einsatz. Oft wird das gesammelte Wissen darin aber unterschiedlich etikettiert und in vielen Fällen werden für dieselbe Information unterschiedliche Begriffe verwendet. Dies macht die Suche nach Informationen über mehrere Systeme hinweg schwierig. Um diesem Umstand beizukommen wurden so genannte „Ontologien“ eingeführt, welche formal abbilden, welche Begriffe welches semantisches „Konzept“ beschreiben.

Besonders gut erklären lässt sich das Konzept der Ontologie anhand des menschlichen Körpers. Ontologien für den Körper und seine Erkrankungen sind bereits seit einiger Zeit verfügbar. Sie zeigen zum Beispiel in Form von logischen Zusammenhängen, dass die Netzhaut dem Auge zuzuordnen ist und dass dieses sich im Kopf befindet, oder dass Muttermale prinzipiell auf der Haut auftreten, und dass diese an Armen, Beinen, am Rumpf, und so weiter vorkommt.

Während dies nun ein vereinfachtes Beispiel ist, und es recht naheliegend scheint, zu wissen, wo sich die Augen befinden, sind andere Möglichkeiten der Anwendung schon komplexer. Jeder kennt die Situation, dass der Computer kryptische Fehlermeldungen anzeigt. Der Laie erkennt normalerweise nicht, was den Fehler verursacht. Hat die Grafikkarte ein Problem oder doch die Festplatte? Ist es überhaupt ein Hardwareproblem oder doch eher ein Softwarefehler? Eine Ontologie könnte in so einem Fall schnell aufzeigen, zu welcher Klasse ein Fehler gehört, und welche Ursachen in Frage kommen und wo die Quelle des Fehlers zu finden ist. Sie hilft, Zusammenhänge zu verstehen.

Interoperability

Aber bleiben wir beim anschaulichen Beispiel des menschlichen Körpers. In der Medizin, und insbesondere bei der Interpretation von Daten aus der bildgebenden Diagnostik, erlebt die Künstliche Intelligenz derzeit einen Höhenflug. Der Computer kann zigtausende Netzhautbilder in kürzester Zeit analysieren, während ein Mensch dafür Jahre benötigen würde, und die Bilderkennung mittels KI wird immer schneller und verlässlicher. Die KI stand bisher jedoch meist für sich allein. Immer wenn mehrere Systeme zur Lösung eines Problems herangezogen werden mussten, lag es am Benutzer, manuell eine fehlende Verbindung herzustellen, das heißt, Daten mussten aus einem System abgefragt und in das Eingabeformat eines anderen umgewandelt werden. Ziel des Projekts ONTIS war es, ein Zusammenspiel der Systeme zu ermöglichen und den mühsamen manuellen Kategorisierungs- und Annotationsprozess mit Hilfe von Techniken der KI zu unterstützen beziehungsweise zu automatisieren.

Das User Interface funktioniert idealer Weise völlig unabhängig vom Machine Learning Algorithmus, kommuniziert aber erfolgreich mit diesem. Die KI wiederum ist zwar ein anderes System als die Datenbank, die die Ontologie beinhaltet, aber auch diese Systeme sind in Austausch miteinander. Die KI annotiert also das Bild, muss dafür aber keineswegs am Computer des Arztes oder der Ärztin laufen, sondern beispielsweise auf einem Forschungsserver. Dazu kommt die Einordnung der KI-Ergebnisse mithilfe der Ontologie.

„Das Besondere am Projekt ONTIS ist die Kombination von KI-Bilderkennung und Ontologie. Mittels Machine Learning erkennen wir, was auf dem Bild zu sehen ist. Dann kommt die Ontologie zum Einsatz. Eine Ontologie speichert Wissen und ermöglicht es, die Zusammenhänge im Gesamtsystem zu erkennen. Man sieht dann mehr als nur die Klassifizierung und erlangt ein umfassenderes Bild der Situation“, erklärt Matthias Bergner, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Fraunhofer Austria maßgeblich an dem Projekt beteiligt war.

„Die Interoperabilität bedeutet, dass man die Freiheit hat, eine existierende Oberfläche zu benutzen. So bleibt das System sehr anwenderfreundlich“, fügt Doriana Cobarzan, ebenfalls Wissenschaftlerin bei Fraunhofer Austria, hinzu.

Der zusammengesetzte Mensch

Für das Trainieren ihrer KI nutzen die Forscherinnen und Forscher medizinische Aufnahmen, die in einer frei zugänglichen Datenbank abrufbar sind. Darunter befanden sich tausende Bilder von Katarakten, sowohl vor, während und auch nach der Operation, sowie tausende Bilder der Haut, sowohl mit harmlosen Muttermalen als auch mit schwarzem Hautkrebs, um nur einige Beispiele zu nennen. Diese fügten die Forscher mithilfe der Ontologie zu einem Gesamtsystem zusammen. „Man könnte sagen, wir haben den menschlichen Körper aus Einzelteilen virtuell neu zusammengebaut“, scherzt Matthias Bergner. Die insgesamt 17.000 Bilder, kombiniert mit der Logik der Ontologie, ermöglichen in der im Rahmen des Projekts entwickelten Plattform ein schnelles Erkennen der Zusammenhänge.

„Unser Ziel war es, zu demonstrieren, dass dieses Konzept funktioniert und das ist uns gelungen“, er klärt Marco Hudelist von Fraunhofer Austria. Das System kann nun in verschiedensten Fachbereichen zur Anwendung kommen – immer dort, wo es gilt, verschiedene Datenquellen zu kombinieren, um Zusammenhänge schnell verstehen und Probleme schnell lösen zu können.

Eckdaten

Projektname:

ONTIS: Ontology-based Interoperability of Systems

Programm:

REACT-EU, EU-Förderung für regionale Entwicklung

Projektdauer:

17 Monate

konsortium:

Fraunhofer Austria

Universität Klagenfurt