

Im Projekt DigiPharmaLogNet entwickelte ein Innovationsnetzwerk Lösungsansätze für einen nachhaltigeren und effizienten Transport von Medizingütern
Einwegverpackungen sind in der Logistik noch gang und gäbe. Kombiniert mit der zunehmenden Menge an Paketen, die in den letzten Jahren zu beobachten ist, führt das zu wachsenden Mengen an Müll – und das gerade in einer Zeit, in der nachhaltiges Wirtschaften so wichtig ist wie nie zuvor. Darüber hinaus kommt es in der Logistik nach wie vor zu Ineffizienzen, vom mehrmaligen und oft auch alles andere als ergonomischen Umpacken der Waren über das Suchen derselben im LKW bis hin zur mangelnden Ausnutzung von Transportkapazitäten.
Was wäre, wenn man all diese Probleme in einem Schritt lösen könnte? Wenn Behälter wiederverwendbar sind, sodass Müll vermieden wird? Wenn smarte Boxen durch aufleuchtende Lichter anzeigen, welche von ihnen entladen werden müssen? Wenn Planungsalgorithmen die jeweils richtige Box für die Größe der Ware auswählen um Platz zu sparen und sie Vorschläge liefern, wie diese im Idealfall zu beladen ist? Wenn die Planungslösungen von vorn herein sicherstellen, dass der sogenannte One Shot Load wirklich möglich wird und unterwegs kein Umpacken der Boxen mehr nötig ist? Und wenn mittels Tracking und guter Datenhaltung immer klar ist, welche Box sich gerade wo befindet? Nicht weniger als all das hat das Konsortium im Projekt DigiPharmaLogNet vorangetrieben. Die praktische Umsetzung des Konzeptes des Internet of Things ist dadurch für die Pharmalogistik-Branche in Reichweite gelangt.
Im Netzwerk zum Erfolg
COIN KMU Innovationsnetzwerke, das Programm der Österreichischen Forschungsgesellschaft FFG, durch das das Projekt gefördert wurde, steht insbesondere für Technologie- und Wissenstransfer in Netzwerken, denn genau diesen braucht man, um ein komplexes Problem zu lösen. Es sind Player aus den verschiedensten Bereichen und mit sich gut ergänzender Expertise gefragt. Im Fall von DigiPharmaLogNet wurden diese durch die FHWien der WKW als Konsortialleiter erfolgreich an einen Tisch gebracht. Mit der Richter Pharma AG war ein Anwender aus der Pharmabranche dabei, die BOOXit OG entwickelte ihre smarte Box entsprechend den Bedürfnissen der Pharmabranche signifikant weiter, die CompUnity GmbH brachte Expertise in den Bereichen Sonsorik, IoT und Datenhaltung ein, das Start-Up temprify sorgt für die perfekte Kühlung der empfindlichen Waren, die FHWien berechnete die Auswirkung der Lösungsideen auf die Nachhaltigkeit der Transporte sowie deren Wirtschaftlichkeit und Fraunhofer Austria widmete sich der mathematischen Definition und dem Lösen komplexer kombinatorischer Optimierungsprobleme mit Hilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz.
„Natürlich möchte man so wenig Leervolumen wir möglich transportieren. Ein intelligentes Planungstool muss also im Vorhinein herausfinden, welche die kleinste Box ist, die man für den Auftrag nutzen sollte. Diese muss dann auf ideale Weise beladen werden“, erklärt Erich Teppan von Fraunhofer Austria, der im Rahmen des Projekts mit der Entwicklung solcher Planungsalgorithmen beschäftigt hat. Die smarten Boxen sollen dann in ein Rack geladen werden, das wie die smarte Box ebenfalls mit Sensorik IoT-fähig ausgestattet ist. Egal ob groß, klein oder mittel – alle Boxen sind miteinander modular kombinierbar und machen zusätzliches Verpackungsmaterial überflüssig. Das Rack als Ganzes ermöglicht den begehrten One Shot Load – das Beladen mit einem Griff. Nicht mehr jede einzelne Box muss in die Hand genommen werden, sondern ein ganzes Rack wird an den Umschlagplätzen auf das nächste Verkehrsmittel verladen. Dafür gibt es aber eine Voraussetzung: dass die Ware destinationsrein sortiert ist – die nächste Aufgabe für die intelligente Algorithmik.
Welche Box geht wohin?
„Wenn man nicht umpacken will, muss man von Anfang an richtig packen. Man muss sich fragen: Welche Produkte sollten in welche Box, und welche Box in welches Rack und welches Rack an welche Destination? Derzeit wird noch viel unterwegs umgepackt, das wollen wir verhindern, um die Effizienz zu steigern. Es hat sich dabei gezeigt, dass das Lösen des 3D-Packproblems eine Grundvoraussetzung für die Lösung des sogenannten Box Scheduling Problems ist. Unser algorithmischer Ansatz löst beides in einem“, erklärt Erich Teppan.
Übrigens sollte man bei Warenlieferungen nicht automatisch immer nur an LKW und Lieferwägen denken – denn auch für Fahrradboten sind diese Lösungen interessant. Auch wenn man die Hälfte der Ware bereits ausgeliefert hat, soll das Fahrrad noch immer möglichst ausbalanciert sein. Auch solche Aspekte können zukünftig in der Planungsalgorithmik berücksichtigt werden. Auch über Branchengrenzen darf man durchaus hinweg denken. Zwar wurden die Konzepte hier für die Pharmabranche entwickelt, sie sind jedoch selbstverständlich für viele andere Branchen geeignet und lassen sich den entsprechenden Bedingungen anpassen.
Dass die Zusammenarbeit in dem im September 2023 abgeschlossenen Projekt erfolgreich war, erkennt man auch daran, dass das Konsortium bereits gemeinsam weitere Pläne schmiedet. In einem Folgeprojekt soll noch mehr KI zum Einsatz kommen, um insbesondere die Herausforderung des Umstiegs auf das System zu adressieren. Will ein Kunde auf ein nachhaltiges System mit wiederverwendbaren, smarten Boxen umstellen, so muss er zuerst wissen, wie viele Boxen benötigt werden. „Im Prinzip muss man die Fragestellung zu allererst komplett digital abbilden. Dann erst sieht man, welche Lösung benötigt wird und kann berechnen, wie groß die Investition wäre. Es hat sich gezeigt, dass solche sogenannten Ramp-Up Probleme nicht weniger herausfordernd sind als der laufende Betrieb und ich freue mich darauf, sie in einem Folgeprojekt in Angriff zu nehmen“, erklärt Erich Teppan.