
Produzierende Unternehmen sehen sich immer häufiger mit individuellen Wünschen der Konsumenten und Kunden konfrontiert. Das führt unter anderem dazu, dass die Produktvielfalt in der Produktion und insbesondere in der Montage steigt und die Komplexität durchzuführender Tätigkeiten zunimmt. Die Lücke zwischen dem, was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion leisten können, und den Anforderungen, die an sie gestellt werden, wird größer. Die Lösung liegt in der physischen und kognitiven Entlastung des Menschen durch unterstützende Assistenzsysteme.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen in die Produktion eines kraftfahrzeugproduzierenden Unternehmens und erhalten den Auftrag, einen Motorblock zusammenzusetzen. Wie würden Sie vorgehen? Erfahrenes Fachpersonal für die Schulung und Schritt-für-Schritt-Anleitung einer neuen Hilfskraft einzusetzen kommt sehr teuer und rechnet sich nicht mehr. Es ist daher am sinnvollsten, Mitarbeitende durch digitale Assistenzsysteme ad hoc arbeitsfähig zu machen, um eine produktive Arbeitsleistung ab dem ersten Stück sicherzustellen. Abhängig vom Design und von der Funktionalität des Assistenzsystems werden der Arbeitskraft einzelne Arbeitsschritte vom System auf einem entsprechenden Ausgabegerät angezeigt. Dabei kann mit Licht, Ton, Bild, Video oder anderen individuellen Anzeigeformaten gearbeitet werden. Im nächsten Schritt erkennen Technologien wie Sensorik automatisiert den Zusammenhang zwischen dem Status des digitalen Assistenzsystems und dem tatsächlichen Arbeitsfortschritt der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters. Das System weiß somit, in welcher Situation sich der Mensch in der Ausführung seiner Montagearbeiten befindet und wie dieses System diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal unterstützen kann.
Damit das Zusammenspiel von Mensch und Maschine jedoch reibungslos und automatisiert ablaufen kann, ist eine Menge an Vorarbeit und Planung notwendig. Das von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) geförderte Projekt MMAssist II beschäftigt sich mit der Konzeption und Entwicklung von modularen Assistenzsystemen und deren digitalen und technischen Konfigurationen. Ziel ist es, einen multifunktionalen und modularen Systembaukasten bestehend aus einzelnen Assistenzsystemunits zu entwickeln. Diese Units decken unterschiedliche Funktionen technischer und digitaler Assistenzsysteme ab und sind anwendungsspezifisch kombinierbar.
Um die entwickelten Konzepte in einer sicheren Laborumgebung zu testen, entwickelte Fraunhofer Austria gemeinsam mit seinen Partnern einen Demonstrator sowie ein Tool zur Planung und Evaluierung von technischen Funktionen und Komponenten, um die Produktivität und Wirtschaftlichkeit der Mensch-Maschine-Zusammenarbeit zu halten bzw. zu steigern.
Automatisierte Anleitungserstellung
Der Wunsch nach individualisierten Produkten, technologische und gesellschaftliche Trends sowie demographische Aspekte der Bevölkerung stellen die Produktion laufend vor neue Herausforderungen. Die einzelnen Fertigungsabläufe werden immer komplexer. Die Maschine unterstützt den Menschen, indem sie ihm Informationen zu jedem einzelnen Produktionsschritt zur Verfügung stellt. Doch woher kommen diese Informationen? Assistenzsysteme bzw. ihre Datenbanken müssen mit den richtigen Inputinformationen befüllt werden, um der Arbeitskraft die richtigen Informationen zur richtigen Zeit in richtiger Form über das Assistenzsystem zur Verfügung stellen zu können. Diese Anleitungen für jede Produktvariante und jede Produktionstätigkeit manuell zu erstellen nimmt viel Zeit in Anspruch, weshalb es eine Projektanforderung war, an dieser Stelle durch den Einsatz von automatisierten Planungsabläufen die Effizient dieser Vorbereitungsprozesse signifikant zu steigern. Dabei übernehmen Computeralgorithmen einzelne Teilaufgaben, wie beispielsweise eine automatisierte Erstellung von Anleitungsbildern, während sich der menschliche Planer auf erfolgskritische Aufgaben konzentrieren kann, z. B. die Festlegung der Reihenfolge, das Ergänzen von Prüf- und Zwischenschritten oder das finale Prüfen der aufbereiteten Werkerinformationen.
Anleitungserstellung durch Künstliche Intelligenz
In einer zukünftigen Variante dieser Anleitungserstellung gilt es, Künstliche Intelligenz zu nutzen. Auf Basis von bestehenden Anleitungen zuvor geplanter Produktvarianten werden automatisiert Montagereihenfolgen sowie Arbeitsinhalte für die aktuell zu planende Produktvariante vorgeschlagen. Mit diesem neuen Ansatz der automatischen Anleitungserstellung durch Künstliche Intelligenz kann zukünftig eine Zeitersparnis zwischen 95 und 99 Prozent erzielt werden, sodass der Einsatz von Assistenzsystemen selbst bei kleinsten Losgrößen wirtschaftlich ermöglicht wird. Fraunhofer Austria unterstützt Unternehmen bei der Steigerung ihrer Effizienz und steht für Gespräche zur zukünftigen Weiterentwicklung der automatisierten Anleitungserstellung gerne zur Verfügung.