Handl Tyrol | Digitalisierte Produktion

Handl Tyrol hat in Haiming in Tirol ein neues Werk für die Herstellung von Tiroler Speck errichtet. Fraunhofer Austria unterstützte das Familienunternehmen während der gesamten Fabrikplanung – von der Konzeption bis zur Realisierung des fertigen Werkes, das heute zu den modernsten Speckproduktionen Europas zählt. 

Am Anfang des letzten Jahrhunderts gründete Karl C. Handl (»der Erste«) in Pians im Tiroler Oberland seinen eigenen Fleischhauerbetrieb und legte damit den Grundstein für eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Im Jahr 1970 übernahm Karl Handl (»der Dritte«) das Unternehmen, das seit 1990 unter dem Markennamen HANDL TYROL bekannt ist. Aus der kleinen Fleischhauerei in Tirol ist längst ein Unternehmen bedeutender Größe mit vier Produktionsstandorten und mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geworden. Geleitet wird es heute in der vierten Generation von Karl Christian Handl. 

Vision Generationenprojekt

Das Jahr 2014 läutete einen weiteren wichtigen Meilenstein in der traditionsreichen Firmengeschichte ein – den Kick-off für das Projekt »Masterplan 2020«. Gewachsene Strukturen, Fachkräftemangel, aber auch die zunehmende Globalisierung der Märkte machten eine intensive Auseinandersetzung mit zukunftsfähigen Strukturen und Abläufen für das Unternehmen erforderlich. »Wie sieht die Speckproduktion der Zukunft aus?«, sei die Ausgangsfrage gewesen, so Geschäftsführer Karl Christian Handl, der es sich zum Ziel setzte, die Weichen für eine zukunftsfähige Produktion für die nächste Generation zu stellen. Gemeinsam mit Fraunhofer Austria startete er daraufhin die Masterplanung 2020.

Zukunftsfähige Produktion

Schnell war klar: Moderne Strukturen brauchen einen neuen, innovativen Ansatz. »Wir haben uns in einem ersten Schritt die beiden bereits bestehenden Werke in Schönwies und Pians genau angesehen, um herauszufinden, wie die Speckproduktion heute läuft. Gemeinsam haben wir uns danach die Frage gestellt: Soll das in Zukunft weiterhin so funktionieren? Sollen die Prozesse so beibehalten werden? Gemeinsam mit der Geschäftsführung und dem Vertriebs- und Marketingteam von Handl Tyrol haben wir uns daher intensiv mit künftigen Märkten und Mengen bis hin zu den Verpackungen auseinandergesetzt«, erklärt Projektleiter Jan Henjes von Fraunhofer Austria. Vom Vertriebsplan bis zum kleinsten Produktionsprozess – die Projektgruppe, bestehend aus Expertinnen und Experten von Handl Tyrol und den Forscherinnen und Forschern von Fraunhofer Austria, hat bestehende Prozesse, Abläufe, Strukturen und Technologien genauestens hinterfragt und smart neu gedacht. So entwickelte sich nach und nach ein völlig neues Bild der Produktion und Logistik. Schlussendlich konnte die für Handl Tyrol perfekte Strategie entwickelt werden, die direkt in die Planung des Fabriklayouts einfloss.

Simulationen

Neben der Planung des Fabriklayouts zeichnete das Forscherteam auch für das Technologie- und Innovationsmanagement verantwortlich. So kommen am Standort Haiming ganz neuartige Verfahren und Methoden zur Anwendung, darunter auch innovative Logistikkonzepte oder fahrerlose Transportsysteme. Eine Besonderheit am Standort ist beispielsweise eine Maschine, die Speck salzen kann. Hier trifft Tradition auf Moderne: So werden die von Generation zu Generation weitergegebenen Rezepturen mit neuesten Technologien und Produktionsmethoden heute größtenteils automatisiert umgesetzt. Jedes Stück Speck erhält hier eine definierte und kontrollierte Würzung. Um die hierfür geeignetsten Anlagen und Maschinen zu finden und einzusetzen, führte Fraunhofer Austria im Vorfeld umfangreiche Prozesssimulationen durch. »Simuliert wurden etwa Reinigungszeiten, Chargenwechsel oder unterschiedliche Schichtzeiten. So konnten wir genau überprüfen, ob die geplante Durchsatzmenge der Anlage ausreicht«, erklärt Jan Henjes. Die simulationsbasierte Prozessauslegung konnte das Unternehmen gemeinsam mit Lieferantenpartnern nutzen und in die Anlagen einbauen, die so am Markt noch gar nicht existieren. »Entscheidend ist, dass Zusammenhänge mitberücksichtigt werden«, bekräftigt Henjes. Reibungsloser Neubau Im Frühjahr 2017 war der Baubeginn des Neubaus mit über 20 000 Quadratmetern Nutzfläche. Parallel zur Bauphase folgte für Fraunhofer Austria bereits das nächste Projekt: die Erstellung weiterer Planungs- und Steuerungslogiken, wie etwa Produktionspläne, selbstverständlich perfekt abgestimmt auf das neue Werk. Knapp ein Jahr später konnte der Probebetrieb in Haiming mit rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestartet werden. Ein voller Erfolg, wie vor allem Geschäftsführer Karl Christian Handl findet: »Vor allem die komplex zu bewertenden Fabrikmerkmale, wie Erweiterbarkeit, Wandlungs- und Zukunftsfähigkeit, wurden von Fraunhofer Austria von Beginn bei der Planung berücksichtigt und umgesetzt. Heute zählt unser Standort in Haiming mitunter zu den modernsten Produktionen Europas«.

Factbox

Projektname

Fabrikplanung »Masterplan 2020«

Projektdauer

Vier Jahre (Summe aller Teilprojekte)

Methode

 Fabrik- und Layoutplanung, Technologie- und Innovationsmanagement, Simulation, Produktionsplanung und -steuerung, Absatzplanung

Projektergebnis

Ganzheitliches und zukunftsfähiges Fabriklayout