Wissenstransfer für den digitalen Wandel

TEAM7 ist bereit für Industrie 4.0 – so heißt es in einer Aussendung des oberösterreichischen Möbelherstellers. Hintergrund: Anfang Februar 2019 ging das hochmoderne Logistikzentrum in Pram auf einem Grundstück von 75 Hektar Fläche an den Start. Seitdem wird die Verladung aller Touren am neuen Logistik-Standort abgewickelt. Fraunhofer Austria unterstützte TEAM7 intensiv bei der Auslegung und Planung und später bei der Prozessentwicklung und -optimierung.
Internationalisierung, Industrie 4.0, digitale Herausforderungen, neue Märkte, die zunehmende Individualisierung und formale Anforderungen stellen die europäische Möbelindustrie vor neue Herausforderungen. Dass veränderte Kundenbedürfnisse und Marktmechanismen die Branche wandeln werden, steht für TEAM7 fest. Deshalb stellt der Naturholzmöbelhersteller aus Österreich bereits jetzt die Weichen und arbeitet vorausschauend an einer tragfähigen Zukunfts-Performance. Als kleine Tischlerei in Ried im Innkreis Ende der 50er Jahre gegründet, bespielt die Manufaktur heute alle Wohnbereiche und verkauft ihre Produkte in über 30 Länder weltweit. Und das sehr erfolgreich: Der Naturholzmöbelhersteller mit 770 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern knackte 2017 die Rekordmarke von 100 Mio. Euro Umsatz.
Schneller, effizienter, digitaler
TEAM7 nutzte die vergangenen Jahre, um sich logistisch komplett neu aufzustellen. »Wir haben in den letzten zwei Jahren insgesamt 20 Millionen Euro investiert, einen Großteil davon in die Logistik«, unterstreicht Georg Emprechtinger Inhaber und Geschäftsführer von TEAM7. »Darin enthalten die Erweiterung des Logistikgeländes um 7,5 ha sowie die bestehende 18 000 qm Halle und der Bau des Logistikzentrums mit 7 000 qm. Modernste Soft- und Hardware setzen dabei neue Maßstäbe für unsere Leistungsfähigkeit und einen weiteren Meilenstein in der Unternehmensgeschichte«, erklärt Emprechtinger.
Aber zurück zum Anfang: Die Zusammenarbeit mit Fraunhofer Austria startete schon lange vor dem Bau des neuen Logistikzentrums (LOZ). Bereits 2012 begann der Lean-Gedanke bei TEAM7 Wurzeln zu schlagen. Für Geschäftsführer Hermann Pretzl lag die Zielsetzung vor allem darin, eine hundertprozentige Durchdringung des Wissens und Verständnisses im Bereich Verbesserungsmanagement bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erreichen. Fraunhofer Austria unterstützte TEAM7 damals wie heute dabei, komplexe Abläufe einfacher und verständlicher darzustellen und das gewonnene Wissen im Unternehmen fest zu verankern. »Mit Fraunhofer Austria haben wir einen wertvollen Partner gefunden, der es versteht, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis zu transferieren. Von diesem Wissenstransfer profitieren wir als Unternehmen ungemein«, erläutert Pretzl seine Beweggründe für die langjährige Kooperation mit dem Forschungsinstitut.
Fraunhofer als Wissensvermittler
Ein interdisziplinäres Forschungsteam aus dem Bereichen Logistik sowie Produktionsplanung und -controlling hat sich bereits im Vorfeld mit den Prozessen bei TEAM7 intensiv beschäftigt, darunter etwa den Standard-Versandprozess – von der Verpackung über die Tourenplanung bis zur Bereitstellung –, aber auch mit den Prozessen der Retouren-Abwicklung oder der Stuhl-Montagen, sodass all jene neuen Erkenntnisse bereits in die Planung des neuen LOZ einfließen konnten. Eine der Aufgaben innerhalb des Projekts bestand darin, das systematische Vorgehen und die eingesetzten Methoden bei der Prozessoptimierung als Wissenstransfer an das Unternehmen weiterzugeben. »Das neue LOZ ist mehr als nur ein Umschlagplatz für die Produkte von Team7. Die vielen unterschiedlichen Prozesse, die dort abgewickelt werden, wurden gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuerst auf physischer Ebene definiert. In welcher Reihenfolge wird verpackt? Wie werden die Waren aus den beiden Möbelwerken genau angeliefert? Nach welcher Logik werden die Waren eingelagert bzw. ausgelagert? Es musste also erst im Detail geklärt werden, wie der künftige Materialfluss, der Warenumschlag und die kleineren Montagebereiche im LOZ genau vonstattengehen werden. Erst dann wurde die systemtechnische Abbildung mit allen Buchungspunkten, den sich ergebenden Anforderungen und den systemübergreifenden Informationsflüssen definiert. So konnte eine optimale Unterstützung des eigentlichen Materialflusses gewährleistet werden«, erklärt Lukas Lingitz, Gruppenleiter Produktionsplanung und -controlling bei Fraunhofer Austria.
»Es ist entscheidend, bei jedem Prozess genau zu überlegen, welche Informationen werden aus welchem System benötigt und wie bekommt man die Informationen so heraus, dass sie im nächsten System verarbeitet werden können«, betont der Experte. Der Hintergrund: Team7 beliefert neben den eigenen Stores in Österreich und Deutschland auch zahlreiche Möbelketten. »Dass die bei Kunden und Partnern eingesetzten Systeme sowie die einzelnen Prozesse jeweils unterschiedlich sind, liegt auf der Hand«, so Lingitz. »Der große Erfahrungsschatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter musste daher expliziert und formalisiert werden.«
Ein weiterer Task für Fraunhofer Austria lag darin, den Naturmöbelhersteller bei der Auswahl eines geeigneten Warehouse-Management-Systems (WMS) zu unterstützen. Vor allem die zentrale strategische Bedeutung eines solchen Systems setzt eine intensive Auseinandersetzung sowie eine genaue Anforderungsanalyse voraus. Dabei ist es entscheidend, nicht nur gegenwärtige, sondern vor allem zukünftige Anforderungen zu berücksichtigen.
Neues Wissen zielführend einsetzen
Bereits nach wenigen Tagen, in denen das neue Logistikzentrum (LOZ) produktiv lief, war die LOZ-Abwicklung in den Werken positiv spürbar. »Wir konnten insbesondere auch unsere logistische Performance noch weiter steigern. Damit schaffen wir für unsere Kunden einen klaren Mehrwert«, zeigt sich Pretzl erfreut.