


F&P Dach und Fraunhofer Austria haben eine Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt und auf Basis eines großen Datensatzes trainiert, die die Feuchtigkeit innerhalb eines Daches für mehrere Monate im Voraus prognostizieren kann. So soll die Nutzungsdauer der Dächer verlängert und unnötiger Müll vermieden werden.
Es ist der Alptraum aller Hausbesitzer: Schleichend undicht gewordene Dächer, durchfeuchtete Dämmstoffe und verfaulende Balken. Zu den Kosten für das neue Dach kommt noch der gewaltige Aufwand für die Abtragung des alten, außerdem die Entsorgung des Sondermülls. Denn ob die Gefahr eines Schadens besteht, war bisher meist erst zu spät sichtbar. Ein Forschungsteam des Fraunhofer Austria Innovationszentrums KI4LIFE in Klagenfurt und der Kärntner Spezialist für Gebäude-Außenhüllen, die FP-Unternehmensgruppe, setzen daher nun auf Prognose. Es soll vorhergesagt werden, ob ein Dach noch rücktrocknen kann oder Gefahr läuft, übergebührend mit Feuchtigkeit belastet zu werden.
Wo bisher nur auf Geschehenes reagiert werden konnte, soll nun proaktiv gehandelt werden. Das „digitale Dach“ soll auf diese Weise nicht nur Sicherheit für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer bringen, sondern auch die Umwelt durch die Vermeidung von unnötigem Bauschutt schonen.
Wettkampf der Methoden
Auf einem Prüfstand hatte F&P Dach über viele Jahre hinweg tausende Messungen unter realen Bedingungen dokumentiert. Diese Daten wurden – kombiniert mit historischen Wetterdaten – nun von den Forschern ausgewertet und zum Trainieren der KI verwendet. Dabei wurden verschiedenste KI-Methoden getestet und einander gegenübergestellt.
Marco Hudelist, der an dem Projekt mitgearbeitet hat, erklärt die Vorgehensweise wie folgt: „Da jede Methode andere Vorzüge und Stärken hat, haben wir uns entschlossen, die Verfahren in einer internen Challenge einander gegenüberzustellen. Jedes Mitglied des Forschungsteams bekam ein anderes Verfahren sowie einen klar definierten Trainingsdatensatz zugewiesen und trainierte eine KI, die dann eine Vorhersage treffen musste. Sowohl klassische Machine Learning Methoden wie zum Beispiel Entscheidungsbäume oder der sogenannte „K-Nearest-Neighbor-Algorithmus“ gingen ins Rennen, aber auch andere Methoden wie Deep Learning.“ Am Ende wurde überprüft, welches Verfahren die Testdaten am besten vorhersagen konnte. Als das beste Modell erwiesen sich dabei die sogenannten Entscheidungsbäume.
Diese wurden daraufhin in der Entwicklung des Prognose-Algorithmus eingesetzt. Im nächsten Schritt soll die KI nun am Prüfstand implementiert, und die Prognose unter realen Bedingungen getestet werden.
Den Abriss verhindern
„Bauen ist immer ein Kampf gegen das Wasser“, erklärt Otmar Petschnig, Geschäftsführer der FP-Unternehmensgruppe. „Im Zweifelsfall hat man bisher immer für den Abriss entschieden, wenn der Verdacht bestand, dass die Feuchtigkeit den Kampf gewonnen haben könnte. Das ist eine unglaubliche Verschwendung. Der Bau ist mittlerweile die Branche, die den meisten Müll erzeugt. Im Fall von Dachkonstruktionen wird leider oft abgerissen, weil man keine objektive Beurteilung kritischer Größen der Feuchtigkeit hatte. In unserem Forschungsprojekt haben wir diese kritischen Größen für alle Dämmmaterialien bestimmt. Sie bilden die Grundlage für eine messtechnische und nicht bloß gefühlte Beurteilung des Zustands der Dachkonstruktion sowie ihrer Fähigkeit zur Rücktrocknung. Das spart also nicht nur Kosten, es nützt auch der Umwelt.“
Für all jene, die über die Errichtung einer Photovoltaikanlage nachdenken oder diese bereits installiert haben, sind die Ergebnisse ebenfalls höchst relevant. „In unserem Vorlaufforschungsprojekt hat sich gezeigt, dass auch die Verschattung von Dächern ein großes Problem darstellt. Photovoltaikanlagen führen zu Schatten und dieser zu einem anderen Temperaturverlauf, sodass ein an sich dichtes Dach plötzlich Probleme bekommen kann“, erklärt Otmar Petschnig. Führt die Verschattung nun dazu, dass ein Dach mehrfach erneuert werden muss, macht dies in der CO2-Bilanz den positiven Nutzen der Photovoltaikanlage zunichte. Die kontinuierliche Überwachung des Zustands soll in Zukunft dazu führen, dass auch diese Gefahr abgewendet wird.
KI und KMU
Eva Eggeling, Leiterin des Fraunhofer Austria Innovationszentrum KI4LIFE, zeigt noch einen weiteren Aspekt auf: „Für uns ist nicht nur die Thematik an sich sehr interessant, sondern das Projekt beweist für mich auch, dass Methoden der Künstlichen Intelligenz für mittelständische Unternehmen höchst relevant sein können. Es ist ein Irrglaube, wenn man denkt, dass nur große Konzerne davon profitieren können. Wir bei KI4LIFE wollen KMU aktiv dabei unterstützen, diese Methoden anzuwenden, und es ist eine Freude zu sehen, was für einen großen Nutzen das den Unternehmen, der Gesellschaft und auch der Umwelt bringt.“