Ersatzteile für Züge aus dem 3D-Drucker

Forschungsteam unter der Leitung von Fraunhofer Austria evaluiert gemeinsam mit den ÖBB-Technische Services (ÖBB Train Tech), den Wiener Linien, der Wien Energie GmbH, der VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung Forschungs-GmbH und dem Fraunhofer IAPT die Möglichkeit, Zug-Ersatzteile mittels 3D-Druck herzustellen. Tausende technische Zeichnungen sollen im Rahmen des von der FFG geförderten Projekts analysiert und ausgewertet werden. Die geplante Infrastruktur wird im Sinne der Sharing Economy kollaborativ genutzt werden.

Je mehr verschiedene Züge über mehrere Jahrzehnte im Einsatz sind, desto mehr verschiedene Ersatzteile gibt es, die bei Bedarf schnell verfügbar sein müssen, um Stillstände im öffentlichen Verkehr sowie im Gütertransport zu verhindern. All diese Teile in ausreichender Stückzahl zu lagern, ist kostspielig, eine Bestellung erst im Bedarfsfall dagegen kann wertvolle Zeit kosten und zu Stillständen führen. Das Idealszenario ist, die benötigten Ersatzteile innerhalb kürzester Zeit verfügbar zu haben, ohne sie selbst auf Lager legen zu müssen. Diese Chance bietet die additive Fertigung (additive manufacturing, AM), auch bekannt unter dem Begriff 3D-Druck. Bevor dieser zum Einsatz kommen kann, sind aber noch viele Herausforderungen zu bewältigen und offene Fragen zu klären: Konstruktionszeichnungen müssen auf Sinnhaftigkeit hinsichtlich der Anwendung von AM auf die zugehörigen Bauteile evaluiert werden, Anforderungen an das Material jedes Bauteils müssen erhoben und die Möglichkeiten der Technologie bewertet werden. Diese Schritte zu bewältigen, ist das Ziel des auf drei Jahre angesetzten FFG-Projekts AM4Rail. Projektpartner sind die Wiener Linien GmbH & Co KG, die ÖBB Technische Services-Gesellschaft mbH, die Wien Energie GmbH, VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung Forschungs-GmbH, die Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien IAPT und Fraunhofer Austria.

„Ich sehe im Bereich der Ersatzteilbereitstellung für Schienenfahrzeuge große Potenziale beim 3D-Druck. Ersten Schätzungen zufolge könnte es möglich sein, Ausfalls- und Stillstandszeiten um bis zu 10 Prozent zu verringern. Auch der Energie- und Ressourcenverbrauch könnte sich durch die erzielte Einsparung von Logistikaufwände um 5 bis 10 Prozent reduzieren lassen“, erklärt Karl Ott, der beim Konsortialführer Fraunhofer Austria das Projekt leitet.

Die Forscherinnen und Forscher werden nun die technischen Zeichnungen mittels Methoden der Bildverarbeitung und Mustererkennung sowie Texterkennung und Text Mining analysieren und mit weiteren Datenquellen wie beispielsweise dem Abrufverhalten verknüpfen. Die Frage lautet dabei: Wie kann man die Inhalte der Zeichnungen standardisiert und automatisiert auslesen? Danach erfolgt eine Lebenszyklusbetrachtung der Ersatzteile, die darüber Aufschluss gibt, ob sich 3D-Druck in den jeweiligen Fällen wirtschaftlich lohnt. In weiterer Folge wird im Zuge einer Technologiebewertung geklärt, ob der State of the Art des 3D-Drucks die nötigen Anforderungen an die Bauteile, beispielsweise im Hinblick auf Festigkeit, Stabilität oder auch Brandschutz, erfüllen kann. Schlussendlich sollen die Potenziale bei ÖBB Technische Services und den Wiener Linien gebündelt werden, um einen 3D-Drucker gemeinsam möglichst effektiv zu nutzen.

„Das Konzept der Sharing Economy, in dem es nicht mehr darauf ankommt, Ressourcen zu besitzen, sondern vielmehr darauf, Zugriff auf diese zu haben, wenn sie benötigt werden, ist eines der vielversprechendsten Konzepte im Klimaschutz und beim Gestalten einer nachhaltig und konkurrenzfähig funktionierenden Wirtschaft. Ich freue mich besonders, dass in diesem kollaborativen Projekt auch dieser zukunftsweisende Ansatz miteinbezogen und umgesetzt wird“, erklärt Karl Ott.

Das Projekt wird von der Österreichischen Forschungsgesellschaft FFG im Rahmen des Programms „Mobilität der Zukunft“ gefördert und läuft von September 2021 bis August 2024.