Ausgangssituation, Problematik und Motivation
Der Anteil in Österreich neu zugelassener, batterieelektrischer Fahrzeuge steigt seit 2015 jährlich um 50%. Um diesen Trend zu befriedigen, ist eine enorme Steigerung der Bereitstellung von Rohstoffen (u.a. Li, Co, Ni) erforderlich. Die Primärrohstoffgewinnung, welche nur zu 1% in Europa stattfindet und somit eine starke Importabhängigkeit mit sich bringt, stellt zudem eine enorme Umweltbelastung dar. Der Abbau des in Lithium-Ionen-Batterien (LIB) nicht substituierbaren Elements Lithium geht mit hohem Chemikalieneinsatz, Wasserverbrauch sowie CO2-Emissionen einher. Erschwerend dazu wirkt, dass sich bestehende Recyclingtechnologien vorwiegend auf einige werthaltige Metalle (v.a. Ni, Co) konzentrieren.
Diese Verfahren gewinnen unter anderem den in LIB nicht substituierbaren, von der Europäischen Kommission 2020 als kritisch eingestuften Rohstoff Lithium, nicht zurück. Eine weitere Problemstellung ist die mit der hohen Inverkehrbringung einhergehenden, notwendigen Entsorgung von End-of-Life (EoL) LIB. Laut Modellierung der WIFO ergibt sich in Österreich im Jahr 2030 eine große Herausforderung für die österreichische Abfallwirtschaft von bis zu 18.000 Tonnen EoL LIB jährlich, wovon über 85% auf Lithium-Ionen-Traktionsbatterien (LITB) aus Mobilitätsanwendungen zurückzuführen sind. Weiters ergibt sich ein steigendes Abfallaufkommen durch Produktionsabfälle, welche durch den massiven Zuwachs von europäischen Produktionskapazitäten in den folgenden Jahren vorherrschend sein wird (bis 2030 fallen mehr Produktionsabfälle als EoL LITB in Europa an).
Ziele und Innovationsgehalt
Beiden Problemstellungen kann jedoch mit funktionellem Recycling begegnet werden. Ziel von MoLIBity ist es daher, mindestens die Einhaltung der Element-spezifischen (u.a. Li >35%; Ni, Co >90%) und massenbezogenen (>65 Gew.-%) Recyclingquoten der EU-Batterieverordnung für die relevanten Zellchemien (v.a. NMC, LCO) durch Entwicklung neuer Recyclingprozesse zu ermöglichen.
Um den rasanten Anstieg von anfallenden Produktionsabfällen funktionell recyceln zu können, ist eine Anpassung bisheriger Verfahren notwendig (z.B. Unterschied: kein Elektrolyt). Ziel ist die Entwicklung eines stabilen Prozesses zur Gewinnung des Separator- als auch Aktivmaterials in einer Reinheit für den Wiedereinsatz bei der Zellherstellung.
Im Bereich der Vorbehandlung von EoL LITB sollen effiziente Verfahren zur Identifikation der Zellchemie von Batterien sowie Qualitätsbewertung von Schwarzmasse entwickelt werden, welche als Werkzeuge in Entsorgungs- und Recyclingbetrieben fungieren und die Prozessökonomie optimieren sowie den Abfallstrom homogenisieren sollen. Ergänzend werden die Anforderungen und Folgen eines digitalen Produktpasses in Anlehnung an den Batteriepass erforscht. Zur Abschätzung des vorhandenen Potenzials werden umfangreiche Entlade- und Demontageanalysen durchgeführt und eruiert, welche Informationen in welcher Tiefe im Batteriepass enthalten sein müssen, um relevante Optimierungen erzielen zu können. Darüber hinaus wird ein Prozess zum funktionellen Recycling von Schwarzmasse erarbeitet. Dieser besteht aus dem sogenannten COOL-Prozess zur Extraktion von Lithiumcarbonat mittels überkritischem CO2 und einem anschließenden hydrometallurgischen Verfahren zur Rückgewinnung weiterer Wertmetalle (u.a. Ni, Co, Mn).
Um die breite Anwendbarkeit des entwickelten Prozesses zu ermöglichen, sollen schnelle und verlässliche Prüfverfahren entwickelt werden, welche die Materialqualität des Inputmaterials Schwarzmasse (produziert von verschiedenen Anbietern über verschiedene Routen) bestimmen und dadurch eine Eignung für den Prozess bestimmen können. Die Wertschöpfungskette von der Vorbehandlung bis zum Recycling wird unter technischen, ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten bewertet, um eine nachhaltige Lösung zu erzielen. Der ökologische Nutzen bzw. CO2-Fußabdruck wird mittels Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment, LCA) quantifiziert und bereits etablierten Verfahrenskombinationen gegenübergestellt. Eine Kritikalitätsanalyse für LIB-relevante Rohstoffe soll durch Ermittlung der Relevanz und Sicherheit der Lieferkette als Grundlage für soziale als auch ökonomisch nachhaltige Entscheidungsfindungen fungieren. Das Projekt MoLIBity leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit von LIB durch die transparente Erforschung innovativer Recyclingverfahren.