Automatisch auf Erfolgsschiene

Der österreichische Dämmplattenhersteller Austrotherm modernisiert sein Werk im burgenländischen Pinkafeld. Mithilfe von fahrerlosen Transportsystemen – kurz FTS – will das Unternehmen in Zukunft kürzere Durchlaufzeiten erreichen und Kosten minimieren. Begonnen hat dabei alles 2017 mit einer Potenzialanalyse der innerbetrieblichen Logistik durch Fraunhofer Austria.
Austrotherm ist Spezialist für hochwertige und zukunftsorientierte Wärme- und Schalldämmung in Mittel- und Osteuropa. Die in österreichischem Familienbesitz befindliche Austrotherm Gruppe hat in elf Ländern 21 Produktionsstandorte für Dämmstoffe und erzielte 2017 einen Umsatz von 351 Millionen Euro mit über 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Neben der Zentrale in Wopfing und Produktionsstandorten in Pinkafeld und Purbach ist der Dämmstoffpionier vor allem in Osteuropa sehr aktiv. Jetzt macht Klaus Haberfellner, Österreich-Chef bei Austrotherm, sein Unternehmen fit für die Zukunft und stellt die Weichen in Richtung Digitalisierung. Dabei setzt er auch auf die Intralogistik-Expertise von Fraunhofer Austria.
Ist-Analyse und Potenziale
Gestartet wurde die Zusammenarbeit zwischen Austrotherm und Fraunhofer Austria Ende 2017 mit einer Materialfluss- und Prozessanalyse zur Identifikation von Optimierungspotenzialen. Innerhalb des dreimonatigen Projektezeitraumes galt es zunächst die Ist-Situation der Werkstruktur am Produktionsstandort Pinkafeld genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben einer Analyse historischer Produktions- und Bestandsverläufe wurden auch neue Buchungsdaten generiert. Mittels eines eigenentwickelten temporären Fraunhofer-RFID-Ortungssystems, angebracht an den Austrotherm-Staplern, konnte das bereits vorhandene Datenmaterial optimal ergänzt und eine detaillierte Materialflussanalyse durchgeführt werden. Durch die neugewonnene Transparenz leitete das Fraunhofer-Team schlussendlich sowohl kurz- als auch langfristige Optimierungspotenziale für den Standort ab. Insgesamt wurden Zukunftsszenarien mit einem Einsparungspotenzial von drei Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre ausgearbeitet. Ein beispielhaftes Szenario sind etwa automatisierte Produkttransporte.
»Uns gefällt besonders der praktische Nutzen für das Unternehmen, der bei Fraunhofer Austria im Vordergrund steht. Die ermittelten Potenziale und die Anregungen der Expertinnen und Experten sind immer wertvoll und vor allem realisierbar«, so Haberfellner und erklärt weiter: »Ich möchte auch betonen, dass wegen Rationalisierungsmaßnahmen keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freigesetzt werden. Wir nutzen die Chance, und werden die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in jenen Bereichen einsetzen, wo der Bedarf gegeben ist und somit die Wertschöpfung des gesamten Standortes erhöhen.«
Steigender Digitalisierungsgrad
Fest steht, die Zukunft der Intralogistik ist vernetzt, digital und automatisiert. Ein klarer Trend zeichnet sich hier in Richtung fahrerloser Transportsysteme ab. Jene automatisierten Transporte nehmen vor allem Hektik aus dem Betrieb und gewährleisten einen produktiven, zuverlässigen Materialfluss. »Uns ist es wichtig, Automatisierungstechnologien sinnvoll einsetzen, um unsere innerbetrieblichen Prozesse effizienter zu gestalten und gleichzeitig unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zeitraubenden Transporten zu entlasten«, erklärt Haberfellner in diesem Zusammenhang.
»Bei Austrotherm konnten wir große Potenziale im Bereich fahrerlose Transporte identifizieren. Wichtig ist, dass hinter der Einführung neuer Technologien eine gute Planung steckt. Auch in kleinen Schritten zu starten, kann sinnvoll sein. Damit bleibt die Komplexität überschaubar und die Unternehmensprozesse können mitwachsen«, erklärt Intralogistik-Experte Rainer Pascher.
Zukunftssichere Automatisierungslösung
2018 startete das gemeinsame Folgeprojekt. Dabei ging es für das Fraunhofer Austria ans Eingemachte: die Detailplanung eines ganzheitlichen Logistikkonzepts und dessen Umsetzungsbegleitung. Zu den erarbeiteten Maßnahmen zählen unter anderem eine verbesserte Flächennutzung durch die Schaffung neuer Lagerflächen sowie eine optimierte Produktionsver- und -entsorgung durch automatisierte Warentransporte.
Im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit konzeptionierte das Intralogistik-Team unterschiedliche Layoutvarianten für Fahrparcours und die Anbindung an die bestehende IT-Umgebung, wie eine Datenbankschnittstelle in hauseigene ERP-System. Ein komplexes Thema wie Pascher aus Erfahrung weiß: »Die IT-Schnittstelle ist ein entscheidender Punkt. Denn erst, wenn alle Systeme miteinander „sprechen“, kann ein Echtzeit-Lagerbestand realisiert werden. Hierfür haben wir ein eigenes Tool für die Datenentschlüsselung entwickelt«.
Darüber hinaus kümmerte sich Fraunhofer Austria auch um die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen für die geplanten FTS. Alle Restriktionen und Anforderungen an Technik und Steuerung wurden in Form eines Lastenheftes definiert. Dadurch stellte das Team sicher, dass die Angebote der unterschiedlichen Hersteller vergleichbar sind und entsprechend vom Unternehmen auch bewertet werden können, sodass einer Vergabe an das bestgeeignete System für die jeweilige Transportaufgabe nichts im Wege stand.
Auftragsabwicklungsprozess 2020
Vom Auftragseingang bis zur Verladung – auch die Optimierung des Auftragsabwicklungsprozesses, lag im Aufgabenbereich von Fraunhofer Austria. Zielsetzung war, mit dem Thema »papierlose Logistik und Produktion«, nicht nur am Stand der Technik, sondern vorne dabei zu sein. Mittels digitaler Prozessabwicklung, neuen Standards und verringerten manuellen Tätigkeiten sollte die Digitalisierung am Standort weiter ausgebaut werden.
Blick nach vorne
Das Team rund um Projektleiter Rainer Pascher begleitet Austrotherm auch weiter bei der Umsetzung der gesetzten Automatisierungslösungen – bis schlussendlich Ende 2019 dann die ersten Roboter im Werk in Pinkafeld anrollen werden.
»Austrotherm hat mithilfe der Fraunhofer-Kompetenz und -Methodik einen wichtigen Schritt in Richtung digitaler Zukunft gemacht. Wir sind nun gefordert, die geplanten Effizienzsteigerungen und Kundennutzen nachhaltig umzusetzen.«
Mag. Klaus Haberfellner, Geschäftsführer Austrotherm GmbH