Mit Assistenzsystemen gegen den Fachkräftemangel bei ÖBB und Wiener Linien

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© Fraunhofer Austria
Ein auf Projektion basiertes Assistenzsystem erwies sich für die konkrete Anwendung als am besten geeignet.

Von Fraunhofer Austria geleitetes Forschungsprojekt weist den Weg zu schneller und effizienter Einschulung von neuen Mitarbeitenden 

Für Unternehmen wird es immer schwieriger, ausreichend Mitarbeitende mit entsprechender Qualifizierung zu finden. Auch ÖBB und Wiener Linien sehen sich der Herausforderung des Fachkräftemangels gegenüber und investieren bereits viel Zeit in die Ausbildung neuer Mitarbeitender. Darüber hinaus steht diesen beiden Unternehmen eine Pensionierungswelle bevor, wodurch wertvolles ExpertenInnenwissen verloren gehen könnte, wenn es nicht rechtzeitig abgesichert wird. Der öffentliche Verkehr ist allerdings ein wichtiger Faktor bei der Bekämpfung des Klimawandels und für ein hochqualitatives öffentliches Verkehrsnetz mit kurzen Intervallen ist eine ausreichend große Zahl von Mitarbeitenden unerlässlich. Das von der Arbeiterkammer geförderte und von Fraunhofer Austria geleitete Forschungsprojekt „MAXimizeMe“, das in Kooperation mit der TU Wien, den Wiener Linien und den ÖBB durchgeführt wurde, sollte nun zeigen, wie ein höchst diverses Kontingent an Mitarbeitenden am besten und effizientesten an Tätigkeiten in der Instandhaltung von Zügen angelernt werden kann. Ein auf Projektion basiertes Assistenzsystem erwies sich für die konkrete Anwendung als am besten geeignet, um den Wissenstransfer aufrecht zu erhalten und dem Abgang von Wissen entgegenzusteuern. Die Projektpartner erhielten außerdem einen Leitfaden für diversitätsgerechte Arbeitssystemgestaltung.

Als Auswirkung einer Pensionierungswelle werden bei den Wiener Linien und den ÖBB bereits jetzt zahlreiche neue Mitarbeitende angelernt. Dabei geht es nicht nur um Fahrerinnen und Fahrer, sondern ganz besonders auch um Mitarbeitende in der Instandhaltung, um die Sicherheit und Verfügbarkeit der Züge zu gewährleisten. Beide Unternehmen ersetzen ältere Schienenfahrzeuge sukzessive durch neue, digitalisierte Züge, sodass sich Wartungsprozesse verändern und auch bestehende Mitarbeitende neues Wissen erwerben müssen. Die neuen sowie bestehenden Mitarbeitenden bringen unterschiedlichste Ausbildungen mit und unterscheiden sich in Alter, Geschlecht, Muttersprache und körperlichen Eigenschaften. Ein Arbeitssystem, dass unter diesen Bedingungen gut funktioniert, muss flexibel an verschiedenste Bedürfnisse angepasst werden können. Forschende sprechen dann von diversitätssensibler Individualisierung.

Das Forschungskonsortium von MAXimizeMe hat sich im Rahmen des Projekts eingehend mit dieser Transformation befasst und die Arbeitsumgebung sowie die Anforderungen sorgfältig bewertet, um passende Lösungen für beide Industriepartner zu entwickeln. Das Forschungsteam nutze Methoden der Human-Computer Interaction sowie ein Spatial-Augmented-Reality-System und entwickelte eine prototypische Schulungsstation. Dabei handelt es sich um ein projektionsunterstütztes System zum Erlernen spezifischer Instandhaltungsaufgaben der einzelnen Industriepartner. Das System bietet drei Formen der Unterstützung: textbasierte Anweisungen, Demonstrationen von Arbeitsabläufen in Videos und visuelle Hilfestellungen. Eine erste Evaluierung in der Pilotfabrik der TU Wien zeigte eine effektivere Ausführung von Reparaturtätigkeiten durch Auszubildende im Vergleich zur Arbeit ohne das System, da Schritte in einem kürzeren Zeitraum öfter wiederholt werden können – so wird die Nachhaltigkeit des Wissens gefördert. Zudem ergibt sich durch die ständige Verfügbarkeit des Assistenzsystems de facto ein Betreuer-Auszubildenden-Verhältnis von 1:1.

Der im Projekt entstandene Prototyp des Schulungssystems muss für eine alltagstaugliche Umsetzung zu Wissenserhalt und -transfer in Reparatur- und Wartung allerdings noch weiterentwickelt werden. Soll das System in der Praxis zum Einsatz kommen, muss es im nächsten Schritt um weitere Anwendungsfälle, Erklärungsmaterial und verschiedene Sprachen je nach Bedarf erweitert werden. Der Grundstein für einen Wissenserhalt trotz Personalfluktuation ist mit dem Forschungsprojekt nun allerdings gelegt.

Das Projekt wurde aus Mitteln des Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 der AK Wien gefördert und am 19. September 2023 erfolgreich abgeschlossen.