
Die Fabrikplanerinnen und -planer von Fraunhofer Austria durften heuer ein ganz besonderes Projekt abwickeln: die Gestaltung einer klimaneutralen Fabrik für Peterquelle. Für das Werk in Deutsch Goritz in der Steiermark wurden dafür verschiedenste Wege zur Einsparung von Emissionen analysiert und in das Planungskonzept integriert. Das Ergebnis ist vielversprechend: Mit den im Plan vorgesehenen Maßnahmen ist eine Reduktion der Emissionen um bis zu 30 Prozent möglich!
„Die Basis des Projekts waren die klassischen Methoden der Fabrikplanung“, erklärt Jan-Niklas Beicher, der das Projekt bei Fraunhofer Austria betreute. Es galt also zu berechnen, welcher Bereich in Zukunft welche Größe haben muss und welches Layout gewählt werden sollte, um den definierten Zielen am besten gerecht zu werden. Die Forscherinnen und Forscher von Fraunhofer Austria arbeiteten dafür mit Wertstromanalysen sowie Warenstromanalysen und ermittelten aus den vorhandenen Daten, welche Waren in welcher Menge typischerweise gekauft, und wie oft und auf welche Weise diese umgeschlagen werden. Auf Basis der Wachstumsprognosen von Peterquelle erstellte das Projektteam mehrere Layout-Varianten, die auf verschiedenen Szenarien, wie einer Best bzw. Worst Case Annahme und einer Fortsetzung des bisherigen Trends beruhten.
Aufbauend auf dieser klassischen Fabrikplanung wurde für die avisierte Klimaneutralität aber noch eine Reihe anderer Aspekte berücksichtigt. Die Forscherinnen und Forscher erstellten im Rahmen des Projekts nicht nur einen Corporate Carbon Footprint – also den CO2-Fußabdruck des Unternehmens an sich – sondern auch einen Product Carbon Footprint, also einen CO2-Fußabdruck für ein ausgewähltes Produkt, in diesem Fall die „Peterquelle 1L prickelnd“ in der Glasflasche. Zudem identifizierten sie eine Reihe von Möglichkeiten zur Einsparung von Emissionen, quantifizierten die Auswirkungen jeder einzelnen Maßnahme und berücksichtigten diese im finalen Plan.
Substitution und Reduktion
Für die Erstellung des klimaneutralen Konzepts betrachtete das Team nicht nur, was direkt in der Fabrik an sich passiert, sondern den gesamten Wertstrom, also z. B. auch welche Produkte erworben werden und wohin die fertige Ware danach auf welche Art und Weise versendet wird. Grund dafür ist, dass ein Großteil der entstehenden Emissionen bereits anfällt, bevor die Ware die Fabrik erreicht, und entsprechend schon beim Einkauf vermieden werden kann. Jan-Niklas Beicher erklärt: „Das Material hat sich als großer Faktor dargestellt. Beispielsweise muss für den Transport Stretchfolie zur Ladungssicherung verwendet werden. Die Herstellung der Folie verursacht indirekt CO2, auch wenn man sie nicht selbst erzeugt, sondern nur einkauft. Das gilt es in einem ganzheitlichen Ansatz zu berücksichtigen.“ Wird die Folie beispielsweise durch eine recyclingfähige biobasierte Folie ersetzt, so stellt dies eine signifikante Verbesserung in Richtung Klimaneutralität dar. Bei dieser Maßnahme handelt es sich also um eine Substitution des Materials.
Ein weiterer starker Stellhebel ist die Reduktion von Material. Hier zeigte sich, dass zum Beispiel bei den Plastikdeckeln der Flaschen großes Potenzial gegeben ist, trotz ihrer vermeintlich ohnehin schon geringen Größe: Beim Analysieren der Auswirkungen aller Materialien und Prozesse stellte das Team fest, dass Plastikdeckel derzeit für 8 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes von Peterquelle verantwortlich sind. „Hier kann man z. B. mit einem verbesserten Produktdesign ansetzen und einerseits die Höhe und die Dicke des Deckels noch weiter reduzieren, andererseits kann auch hier wiederverwendbares Material eingesetzt werden.“, erklärt Jan-Niklas Beicher. Auch beim Gewicht der PET-Rohlinge lässt sich einiges einsparen, denn die realistisch durchführbare Grammatur-Reduktion von 33 auf 28 Gramm mag gering erscheinen, bedeutet allerdings eine Verringerung um über 15 Prozent. Zudem werden dadurch die vor- und nachgelagerten Transportmengen ebenfalls reduziert, sodass insgesamt mehr als 15 Prozent eingespart werden können.
Doch nicht nur beim Material, sondern auch beim Optimieren der Prozesse zeigte sich großes Einsparungspotenzial: So wird beim Verpacken von Mehrfachgebinden in Schrumpffolie erst durch das Erhitzen der Folie Energie verbraucht, und unmittelbar danach durch die Kühlung der Folie, welche zur Verfestigung des Materials benötigt wird. Um diese Prozessenergie einzusparen, ist Kreativität gefragt. Peterquelle will hier in Zukunft auf völlig neue Methoden setzen, die ganz ohne Folie auskommen und wird so eine deutliche Energie- und CO2-Ersparnis erzielen.
Klimafreundlich durch Kreislaufnutzung
Eine besondere Rolle spielte im von Fraunhofer erstellten Konzept auch die Umsetzung von Kreisläufen. Als Mitglied der größten Gesellschaft für anwendungsorientierte Forschung griff das Team von Fraunhofer Austria auf die Expertise von Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland zurück, denn auch das Brauchwasser, das zur Reinigung der Glasflaschen genutzt wird, barg Potenzial zur Einsparung. Expertinnen und Experten des Fraunhofer Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) untersuchten die Reinigungsprozesse bei Peterquelle und erstellten ein Konzept zur Aufbereitung und Reduktion des Brauchwassers. Auch Reinigungsmittel kann eingespart werden, indem eine neue Filteranlage dieses nach der Nutzung wieder aufbereitet, sodass dieses wiederverwendet werden kann.
Die Planungskonzepte sind im Sommer 2021 fertig gestellt worden und bereit für die praktische Umsetzung. „Dank der Berechnungen durch das Forschungsteam von Fraunhofer Austria wissen wir nun genau, wo wir am besten ansetzen können, um unsere CO2-Emissionen zu reduzieren und in Zukunft klimaneutral zu werden“, freut sich Peterquelle-Geschäftsführer Gerald Doleschel.